Heute im Bundestag: Die Impfpflicht-Debatte. Die verschiedenen Anträge zur Einführung einer Pflicht – ab 18 Jahren oder ab 50, sofort oder per Vorsorge-Gesetz unter Vorbehalt –überzeugen mich allesamt nicht. Ich unterstütze den Antrag Impfbereitschaft ohne allgemeine Impfpflicht erhöhen, der unter anderem auch von meinen Fraktionskollegen Matthias W. Birkwald, Sevim Dagdelen, Gregor Gysi, Andrej Hunko, Żaklin Nastic, Alexander Ulrich und Sahra Wagenknecht eingebracht wird.
Ich würde mich freuen, wenn wir die Diskussion sachlich führen könnten. Sich mit realistischen Erwartungen impfen zu lassen, das war und ist für mich das Gebot der Stunde. Auch wenn die Impfstoffe einige frühere Erwartungen nicht erfüllt haben, sind sie ein guter Schutz gegen schwere Verläufe. Das ist trotz Omikron weiter notwendig, genauso wie mehr Hilfe für alle, die in der Krise in Not geraten sind.
Aber: Die Impfpflicht ist kein einfacher Ausweg aus der Pandemie. Und sie trägt nicht dazu bei, seit Jahren verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen – im Gegenteil. Eine Impfpflicht einzuführen statt Menschen zu überzeugen und unser Gesundheitssystem endlich krisensicher zu machen, das wäre eine Scheinlösung, die von den großen Versäumnissen der Regierung ablenkt.
Wir brauchen echte, wirkungsvolle Maßnahmen gegen den schlimmen Pflegenotstand, mehr Angebote, die alle Teile der Bevölkerung erreichen. Wir brauchen gute flächendeckende medizinische und soziale Versorgung – und natürlich auch patentfreien Zugang zu den Impfstoffen weltweit. Bei keiner dieser riesigen Aufgaben hilft die Impfpflicht weiter.
Schlimmer noch: Die Corona-Krise hat Mängel im Gesundheits- und Sozialsystem offengelegt. Die Impfpflicht bringt die Gefahr, dass sich die politisch Verantwortlichen zurücklehnen, denken: Verantwortung delegiert, wir können weiter machen wie bisher. Das wäre fatal.
Wie geht es jetzt weiter? Nach der Debatte heute ist erstmal der Gesundheitsausschuss dran. Bisher zeichnet sich noch keine Mehrheit für einen der Anträge ab. Auch wenn sich die Karten neu mischen und sich die Anträge noch verändern: Ich werde mich weiterhin statt für Scheinlösungen für ein solidarisches Gesundheitssystem einsetzen, in dem es um die Menschen geht, und nicht um Profite.